Mojito-Gel und ein Magnum von der Tankstelle

Kohlenhydratgels verleihen auf einer längeren Ausfahrt wertvolle Energie und sie sind praktisch zu transportieren. Es gibt sie mit vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen von Früchten bis zu Bier. Doch schmecken sie auch? Der mehrfach ausgezeichnete Starkoch Nenad Mlinarevic hat sie getestet.

nenad mlinarevic

Text: Emil Bischofberger

Fotografie: Claude Gasser

Nenad Mlinarevic verzieht das Gesicht und den Kaffeelöffel aus dem Mund. Es klimpert, als er ihn ins Glas zu den gebrauchten Löffelchen fallen lässt. «Geléeartig und sehr, sehr süss», urteilt er über den Gel der Marke Maurten, «als wäre Zuckersirup geliert worden. Das wäre nicht meiner.» So ähnlich reagiert der Spitzenkoch mehrfach an diesem Vormittag, an dem er fürs «Gruppetto» Kohlenhydratgels blind testet.

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Wegen Neueröffnungen mehrerer Lokale habe er 2023 «nur» 4000 Kilometer geschafft, erzählt der begeisterte Hobbyvelofahrer. In diesem Jahr sollen es wieder 6000 werden. Wir treffen den 42-Jährigen im Restaurant Neumarkt in Zürich, einem von vier Lokalen, die er betreibt. Was folgt, sind deutliche Gel-Urteile sowie ein Austausch über Radsport und Sporternährung ganz generell. So viel vorweg: Es sind keine schmeichelhaften Verdikte des Gourmets. Doch die Gels müssen auch ihren Zweck erfüllen und es nicht mit der Spitzenküche aufnehmen.

Der ist komisch. Was zurückbleibt, ist sehr unangenehm. Er ist klebrig, erfüllt seinen Zweck, ist aber nicht tasty.

Sponser Salty

Mlinarevic ist der prädestinierte Gel-Tester: Als mehrfach mit Gault-Millau-Punkten und Michelin-Sternen ausgezeichneter Spitzenkoch hat er ein feines Sensorium. Zugleich ist er seit 2020 ein passionierter Rennvelofahrer und kennt sich entsprechend auch mit Kohlenhydratgels aus. Diese sind die konsequenteste Art, um sich die Energie zuzuführen, die es zum Pedalieren braucht. Auf dem Markt gibt es Gels in fast jeder vorstellbaren Geschmacksrichtung, auch ungewöhnliche, von Piña Colada über Mojito bis hin zu Bier.

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Nenad Mlinarevic trinkt kaum Alkohol, dafür hat er manchmal einen Rennvelo-Hangover nach langen Ausfahrten.

Der schmeckt wie ein gelierter Apfelsaft. Er hat zwar eine angenehme Konsistenz und ist nicht extrem süss. Aber er bleibt so unangenehm an den Zähnen kleben.

Isostar Apple

Wer Mlinarevic so über die verschiedenen Gels urteilen hört, kann sich kaum vorstellen, dass der 42-Jährige selber voll auf diese Verpflegung setzt, wenn er Alpenpässe hochfährt: «Ich sehe manchmal andere Velofahrer, die sich Biberli, Bretzel, Bananen, Riegel oder Mandeln hinten ins Trikot gestopft haben. Ich transportiere doch nicht drei Mahlzeiten mit! Ich bin ein grosser Fan von Gels, weil sie nicht viel Platz brauchen. Und weil sie den Zweck erfüllen.»

Nach fünf Stunden im Sattel darf es eigentlich alles sein.

Nenad Mlinarevic
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Was nicht heisst, er würde nicht auch ab und zu einen Bäckerei- oder Tankstellenstopp einlegen. «Beim Bäcker nehme ich gerne einen Schoggigipfel. Oder eine Zimtschnecke. Es darf auch mal salzig sein, dann ein Laugenbretzel. An der Tankstelle stoppe ich im Sommer besonders gerne: für ein Magnum- oder Maxibon-Glacé», sagt er.

Generell isst Mlinarevic – seinem Job entsprechend – sehr bewusst, auch mit Blick aufs Velofahren. «Wenn ich weiss, dass ich am nächsten Tag eine lange Tour mache, dann lade ich am Vortag schon mal gut Carbs. Fürs Frühstück bereite ich mir am Vorabend Overnight Oats zu, die ich lange vor der Abfahrt esse. Sonst fühle ich mich auf dem Velo überfüllt und träge.» Was nicht heisst, dass es auch mal etwas weniger gesund sein darf. Ganz besonders nach so einem langen Tag auf dem Velo. «Nach fünf Stunden im Sattel darf es eigentlich alles sein. Eine Pizza, eine Megaportion Pasta oder auch mal einen Crispy Chicken Burger», sagt Nenad Mlinarevic.

Wow. Ich schmecke Minze raus. Der geht mit seiner flüssigen Konsistenz sicher gut runter. Aber dieser Geschmack: einfach nicht fein.

Powerbar Hydro Mojito

Im Alltag denkt sich Mlinarevic ständig neue Geschmackskombinationen aus. Wie stellt er sich den perfekten Kohlenhydrat-Gel vor? «Ich hätte gerne etwas, das nicht zu süss ist, ausbalanciert, vielleicht auch salzig, aber nicht überwürzt», sagt er. Eine verrückte Kombination würde er nicht wagen, «denn es muss ein Geschmack sein, den du auch beim 20. Mal noch fein findest – dazu gehören bekannte Geschmäcker wie Cola, Apfel-Zimt oder Erdnussbutter.»

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Der schmeckt wie ein Sirup. Aber die Konsistenz ist angenehm.

High5 Orange

Bis er für sich eine Rennveloverpflegung fand, bei der er blieb, ging Mlinarevic vor wie alle Velofahrer:innen: Er testete sich durch das reichhaltige Angebot der Sportler:innennahrung. Was ihm nicht schmeckte, verschenkte er weiter. Auch Riegel versuchte er («zu trocken, danach brauchst du einen halben Liter Wasser») und viele Sportgetränke («viele sind extrem süss. Am liebsten mag ich Zitrone, fertig»).

Wie regelmässig er seinen bevorzugten Gel schon konsumiert hat, zeigt das Urteil des Spitzenkochs, nachdem er den Winforce Salty Peanut beim Blindtest degustiert hat: «Ja gut, Peanut, den kenne ich, das ist mein Favorit. Den würde ich auch aufs Brot streichen. Aber man muss ihn immer gut nachspülen, er ist schon ziemlich sticky.»

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