Mit Druck gegen Dreck
Text: Simon Joller
Illustration: Andrea Rearte
Eigentlich wollte ich nur wissen, ob ich mein Velo wie die Profimechaniker:innen mit dem Hochdruckreiniger putzen soll. Am Ende dieser Recherche glänzte mein Velo dank dem Putztrick mit dem Glasreiniger. Doch von Anfang an: Radhersteller raten vom Hochdruckreiniger ab, trotzdem nutzen ihn alle Profiteams. Nachfrage beim Mechaniker vom Team Q36.5, Cédéric Stähli. Er sagt zuerst zögerlich «Ja», schwenkt dann aber auf ein «Nein» um. Das «Ja» gelte, wenn das Rad richtig schmutzig sei. Und das «Nein», weil der Hochdruckreiniger schädlich für die Lager sei. Bei Profiteams spiele das aber keine Rolle, weil die Lager regelmässig revidiert würden.
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Lager sind gegen Wasser durch Dichtungsringe geschützt, dahinter bildet das Lagerfett eine weitere Barriere. Das funktioniert aber nicht ewig. Paul Sollenberger, Produktmanager beim Lager-Spezialisten Ceramicspeed, sagt, ein Lager halte weder Dauerregen noch regelmässiger Hochdruck-Reinigung stand. Allerdings ist Hochdruckreiniger nicht gleich Hochdruckreiniger. «Unsere schiessen das Wasser mit 100 Bar auf die Räder. Wir brauchen volle Power, weil es bei uns vor allem schnell gehen muss», sagt Team-Mechaniker Stähli. Auch Hochdruckreiniger in Autowaschstrassen sind in etwa so stark. Unterdessen gibt es auf die Fahrradreinigung abgestimmte Mitteldruck-Geräte (10 – 20 Bar Wasserdruck). Meine persönliche Erfahrung damit: Klebriger Dreck hinterlässt Schlieren, die ich abwischen muss. Und einige Lager brauchen nach jeder Saison einen Service. Aber: Grundsätzlich funktionieren diese Geräte gut und machen das Putzen unkomplizierter.
Zudem: Wer mit Lumpen und Schwamm putzt, kratzt mit jedem Wisch über den Dreck am Lack.
Zumindest mit Mitteldruck putzt man lackschonender. Und wenn man mindestens 30 Zentimeter Abstand zwischen Sprühlanze und Velo hält und nie direkt auf die Lager zielt, minimiert man die negativen Effekte. Stähli hat noch ein paar Profiputztipps. Statt teurem Reinigungsmittel tue es auch Geschirrspülmittel in warmem Wasser, das sei billig und gut. Zuerst jeweils die Kette gründlich reinigen. Zudem gelte: keine Sorge bei den Scheibenbremsen. Da brauche es keine besondere Vorsicht oder Reiniger. Mit Seife respektive Spülmittel putzen, danach mit klarem Wasser gründlich spülen. Wer kann, sollte nach dem Putzen das Rad mit Druckluft trocknen. So rostet kein Kettenglied und kein Schraubenkopf. Und Stählis Tipp zum Schluss: Mit einem Lappen aufgetragener Glasreiniger macht alles glänzend. «Dass das Velo richtig schön ausschaut, ist auch für den Profi ganz wichtig.»
Simon Joller ist Produzent beim SRF-Wissenschaftsmagazin «Einstein» und putzt seine Velos öfter als seine Wohnung.