«Ich arbeite noch ab und zu im Garten» – warum das Stefan Küng helfen könnte Paris-Roubaix zu gewinnen
Bei Stefan Küng und seinem Team ist ein wenig der Wurm drin. Aber der Schweizer Trumpf hat klare Vorstellungen, wie er am Sonntag beim renommiertesten Monument Paris-Roubaix gewinnen könnte. Spoiler: Mathieu van der Poel verpasst am besten die Gruppe.
Wie geht es dir nach deinem Sturz bei der Flandernrundfahrt?
Ganz okay. Ich bin nur aufs Knie gefallen. Das sollte aber am Sonntag kein Problem mehr sein.
Wie lange ärgert dich so etwas noch? Machst du dir viele Gedanken?
Es ist zwar Part of the Game, aber das war ein ärgerlicher Sturz, weil er das Rennen kaputt gemacht hat. Im Vorfinale gingen sie vor mir zu Boden und haben mich mitgerissen. Ich fuhr dann zwar nochmals ran beim zweiten Mal am Kwaremont, war aber zu weit hinten positioniert und habe das Rennen verloren.
Beeinflusst dich das noch für Paris-Roubaix am nächsten Sonntag?
Nein, das ist ein neues Rennen. Sicher war es eine verpasste Grosschance. Da studier ich schon nochmals dran rum. Aber nun, Mitte Woche, muss ich nach vorne schauen.
Und das geht so einfach?
Naja. Das Team hat am Ende kein zählbares Ergebnis eingefahren. Laurence Pithie war zwar gut dabei, ist aber noch jung und muss noch einige Erfahrungen sammeln bei solchen Rennen. Und Valentin Madouas hatte nicht seinen besten Tag. Das merkst du im Team. Es wollen alle mehr.
Da hätte ein Topresultat bei der Flanderrundfahrt natürlich geholfen.
Es wäre schon besser, wenn Flandern gut gelaufen wäre. Nun haben wir die Chance es bei Paris-Roubaix besser zu machen. Ein gutes Resultat wäre auch fürs Team wichtig. Momentan ist ein bisschen der Wurm drin. Romain Grégoire ist auch noch gestürzt bei der Baskenlandrundfahrt und David Gaudu heute nicht mehr gestartet. Da leidest du mit als Teamkollege, auch wenn du nicht dabei bist. Das war vor zwei Jahren beispielsweise ganz anders, da waren wir in einem Flow während den Klassikern und es lief fast wie von selbst.
Bei Paris-Roubaix trittst du bereits zum neunten Mal an. Was löst das bei dir aus, wenn du diese Zahl hörst?
Es ist das einzige Rennen, das ich immer gefahren bin, seit ich Profi bin. Einmal wurde es wegen Corona abgesagt. Meine Routine ist gross. Das ist natürlich gut, aber dieses Rennen schreibt auch jedes Jahr neue Geschichten. Und es ist natürlich eine weitere Chance auf den grossen Pflasterstein bei meinem Lieblingsrennen.
Die Resultate vor Paris-Roubaix im letzten Jahr waren ähnlich wie dieses Jahr, da wurdest du Fünfter. Dieses Jahr sind dir Resultate sogar eher noch ein wenig besser. Was können wir dieses Jahr erwarten? Ein gut unterrichtetes Schweizer Velomagazin hat dich ja als Sieger prognostiziert.
Wenn es so einfach wäre, würde ich das natürlich sofort unterschreiben (lacht). Ich weiss, ich bin gut zwäg, bin parat und das Knie macht bis am Sonntag auch keine Probleme mehr. Aber bei Roubaix muss alles gut laufen. Du musst immer am richtigen Ort sein. Nach so einem Sturz denkst du natürlich wieder mehr an die Risiken. Aber mit der Brechstange geht es nicht. Wir müssen relaxt an die Sache gehen und cool bleiben. Dann kommt es schon gut.
Bei der Ronde seid ihr mit Valentin Madouas und Laurence Pithie ja fast schon mit einer dreifachen Spitze angetreten. Hilft dir das oder bist du lieber der unbestrittene Leader? Oder bist du das sowieso?
Bei Flandern war es schon so, dass die anderen eher die Co-Leader waren. Laurence fährt zum ersten Mal diese beiden Monumente und baut gegen Ende des Rennens jeweils noch stark ab. Und Valentin hat seine Mühe in den Positionskämpfen. In den letzten Jahren habe ich bei den Klassikern immer geliefert und darum habe ich auch das Vertrauen meiner Teamkollegen gewonnen.
Das sagte Silvan Dillier vor der Flandernrundfahrt:
Aber starke Teamkollegen helfen schon.
Grundsätzlich ist es gut, wenn du starke Fahrer dabei hast, dass ich auch nach der Selektion noch Teamkollegen um mich habe. Das entlastet und ohne Support ist es schwierig. Mathieu van der Poel hatte letzten Sonntag Gianni Vermersch, der die Attacken mitgefahren ist. Dann kannst du die anderen fahren lassen. In solchen Rennsituationen bin ich froh, wenn ich auch andere gefährliche Teamkollegen dabei habe.
Und was ist die Taktik für Paris-Roubaix?
Das müssen wir noch im Detail anschauen. Auch wer überhaupt fährt. Grundsätzlich wollen wir immer einen Schritt voraus sein. Bei Flandern hat das nicht optimal geklappt. Dann gibt es beim Wald von Arenberg vermutlich die erste Selektion. Danach ist das Ziel, möglichst zahlreich vorne vertreten zu sein. Denn in der Breite haben wir ein starkes Team.
Ist die Fluchtgruppe eine Gefahr?
Bei Roubaix kann immer einer weit kommen, der einfach am richtigen Ort ist und überall gut durchkommt. Darum ist auch die Spitzengruppe gefährlich. Grad am Sonntag mit dem prognostizierten Rückenwind wird die Gruppe weit kommen. Wir erwarten ein sehr schnelles Rennen und überlegen uns sogar 56er-Blätter zu montieren.
Schickt ihr auch jemanden in die Gruppe?
Movistar oder Uno-X sind typische Teams, die immer einen Fahrer in der Gruppe haben. Aber da gehen jedes Mal viele mit und einer erwischt sie dann. Ich brauche meine Helfer so lange wie möglich und darum müssen auch sie mit ihren Kräften haushalten. Klar gibt es 1-2 ausgewählte Fahrer, die unter Umständen schauen wegen der Gruppe. Aber es ist nicht Priorität.
Was machst du, dass du nicht immer die Lücken zufahren musst?
Am besten habe ich natürlich einen Teamkollegen dabei. Beim E3 Saxo Classic war ich im Finale alleine. Bei Dwars door Vlaanderen fuhren letztlich sechs Fahrer um den Sieg. Die beiden Visma Fahrer haben ihre Spielchen gespielt. Die anderen waren quasi tot und überhaupt froh, dort zu sein. Und sie wussten, dass ich es wieder grade biegen würde.
Ich arbeite noch ab und zu im Garten und habe genug Hornhaut.
Stefan Küng, der kein kein doppeltes Lenkerband braucht bei Paris-Roubaix. Aus Gründen.
Wenn du dir einen perfekten Rennverlauf wünschen könntest, wie wäre dieser am Sonntag?
Idealerweise gibt es eine gute Selektion mit starken Fahrern aber ohne Mathieu (lacht). Und ich habe einen Teamkollegen in der Spitzengruppe, sodass die anderen arbeiten müssen und ich im Finale am frischesten bin, das Briket schieben kann und es bis ins Ziel durchziehe. Aber das ist Wunschdenken.
Paris-Roubaix stellt ja auch immer besondere Ansprüche an das Material. Triffst du besondere Vorkehrungen?
Nein, zweifaches Lenkerband ist nichts für mich. Das können die anderen machen. Ich arbeite noch ab und zu im Garten und habe genug Hornhaut (lacht). So habe ich zum Glück nie Probleme mit den Händen, wenn dann tun die Beine weh.
Was passiert eigentlich nach so einem Rennen? Trifft man sich mit anderen Schweizern auf ein Bier?
Meistens gehe ich schnell nach Hause. Am Flughafen trifft man sich mit den anderen Schweizern und fachsimpelt noch über das Rennen. Natürlich wäre es anders, wenn ich gewinne. Aber wenn du so viel unterwegs bist, bist du froh, wenn du auch mal nach Hause kommst und dich dort hinlegen kannst.
In unserem neuen Heft haben wir eine Bildstrecke von den legendären Duschen in Roubaix. Wie fühlt es sich an, dort unter der Brause zu stehen?
Ich ging dort ewigs nicht mehr duschen, sondern erledige das im Bus. Ich habe mir aber vorgenommen, dass wenn ich einmal gewinne, ich dort duschen gehen werde (schmunzelt). Aber überhaupt im Velodrome anzukommen, ist immer gut. Am besten natürlich, wenn du um den Sieg fightest.
Das weitere Rennprogramm von Stefan Küng:
- Paris-Roubaix
- Amstel Gold Race
- Tour de Suisse
- Tour de France
- Olympische Spiele
- Weltmeisterschaft in Zürich